Lavendel erinnert mich immer an eines der traurigsten Bücher, das ich je gelesen habe: „Der weiße König“ von György Dragomán. Leider hat die Pflanze in diesem Roman keinen guten Stand, denn der Antagonist reibt sich täglich mit Lavendelsalbe ein, so dass sein ganzes Haus danach riecht. Wenn sein Enkel ihn besucht, schlägt ihm stets der Lavendelduft entgegen und verursacht Übelkeit in ihm. Seitdem ist mir Lavendel unsympathisch.
Armer Lavendel. Derart in Ungnade zu fallen, hat die Pflanze nicht verdient. Doch Dragománs Roman war so intensiv, seine Figuren so brutal, dass diese Assoziation wohl nie verschwinden wird. Hinzu kommt, dass ich den Geruch von Lavendel tatsächlich schon vorher nicht mochte.
Trotzdem habe ich der Pflanze Gutes abgewonnen. Schließlich braucht sie kaum Wasser und fühlt sich im Märkischen Sand äußerst wohl. Jedenfalls gedeiht der Lavendel in unserem Garten wahnsinnig gut.
Weshalb Lavendel im Märkischen Sand besonders gut gedeiht
- gedeiht auf trockenen, nährstoffarmen Böden
- braucht kaum Wasser
- liebt Sonne und Wärme, ist aber trotzdem frosthart (zumindest die Sorte «HidcoteBlue»)
- verliert sein Laub nicht, sorgt also für Farbtupfer im Winter
- blüht im Sommer dunkelblau und duftet stark
- Bienenweide
- kaum anfällig für Krankheiten und Schädlinge, da er auf Grund seiner ätherischen Öle (ja, genau, der markante Geruch) von Blattläusen und Co. gemieden wird.
Im Großen und Ganzen ist der Lavendel also eine dankbare Pflanze, die kaum Pflege benötigt. Er fühlt sich in Beeten genauso wohl wie in Steingärten und Blumenkübeln. Vor allem im trockenen Brandenburg scheint er ähnliche Verhältnisse vorzufinden wie in seiner Heimat Frankreich…
Lavendel braucht nicht einmal gedüngt zu werden! Allerdings sollte man ihn regelmäßig zurückschneiden, damit er nicht verkahlt. Ansonsten hat man nach ein paar Jahren einen knorrigen Busch, der kaum noch an den typischen Lavendel erinnert, den man von Bildern kennt.
Angstfrei dank Lavendel?
Vom gärtnerischen Standpunkt ist die Pflanze zweifellos eine Bereicherung. Einen weiteren Vorzug des Lavendels kennen jedoch nur wenige Gärtner. Ich selbst weiß nur davon, weil ich kürzlich einen Artikel darüber gelesen habe: Lavendel wirkt sich positiv auf die Psyche aus!
Zugegeben, dass sich in den Lavendelblüten Inhaltsstoffe befinden, die schlaffördernd und beruhigend wirken, ist ein alter Hut. Doch dass Lavendelöl selbst von Angstzuständen befreien soll, hielt man lange für Aberglauben. Nun haben Forscher genau das untersucht und festgestellt, dass Lavendel – zumindest auf Mäuse – ähnlich wirkt, wie eine Valium zu schmeißen (siehe dazu nytimes.com)!
Ein natürlicher Stimmungsaufheller
Dafür verantwortlich ist das Linalool, ein Terpenalkohol, der auch entzündungshemmend wirkt. Kaum hatten die Labormäuse Linalool geschnüffelt, beruhigte sie das, ohne sie anderweitig einzuschränken oder Nebenwirkungen hervorzurufen. Sie bewegten sich viel mutiger durchs Testgelände als die Kontrollgruppe, die kein Lavendel verabreicht bekommen hatte. Die positiven Effekte zeigten sich allerdings nicht, wenn die Mäuse verschnupft waren oder aus anderen Gründen nicht durch die Nase atmen konnten.
Laborversuche zeigen eine Wirkung auf die Calciumkanäle und bestätigen die antidepressive, sedierende, schmerzlindernde, entzündungshemmende und gedächtnisstärkende Wirkung.
Quelle: Heilpflanzen für Kopf und Seele von N. Perry & E. Perry
Inwiefern diese Erkenntnisse letztlich zu Anwendungen für uns Menschen führen, weiß man noch nicht genau. An Lavendelöl zu riechen, wenn man mal wieder supernervös ist, kann jedoch nicht falsch sein. Wer mehr Zeit hat, nimmt ein zehnminütiges Dampfbad oder inhaliert das ätherische Öl anderweitig. Rezeptfrei im Handel sind schon jetzt Lavendel Tabletten und Dragees erhältlich. Deren Wirkung ist allerdings umstritten.
Einziger Nachteil: Die Mäuse gewöhnten sich nach einer Weile ans Linalool und reagierten danach immer weniger auf den beruhigenden Effekt. Über lange Zeit kann man also nicht auf Lavendel setzen, um die eigenen Dämonen zu bekämpfen.
MM
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